SO RIECHT‘S ÜBER UND UNTER TAGE
Wie mag der Tag eines Grubenarbeiters gerochen haben? Stellen Sie sich vor, Sie sind auf dem Weg zu Ihrer Frühschicht, es ist Frühling und die Vorgärten in der Siedlung beginnen langsam zu blühen. Sie kommen am Entlüftungsschacht des Bergwerks vorbei und können bereits den Geruch von unter Tage erschnuppern. In der Zeche angekommen, geht es vorbei an den Gerüchen von Seife und Deo in der weißen Kaue (‚saubere‘ Umkleide von Bergleuten vor und nach der Arbeit) und weiter zu der weniger angenehmen Gerüchen in der schwarzen Kaue (Bereich im Bergwerk, wo die Bergleute nach der Arbeit ihre verschmutzte Kleidung und Ausrüstung ablegen). Es riecht nach abgetragener Arbeitskleidung und Schweiß. Nachdem Sie sich umgezogen haben, bringt Sie der Förderkorb Hunderte von Metern unter die Erde. Ihre Kollegen riechen vielleicht noch nach Schlaf und dem letzten Bier vom Vorabend, während Sie mit rasanter Geschwindigkeit in die Tiefe hinabfahren. Schließlich kommen Sie an und werden von der Wärme und dem Geruch des Bergwerks begrüßt. Muffig und warm, eine Mischung aus Kohle und Maschinen, ein ganz eigener Geruch, den Sie sicher nie vergessen werden.
PROJEKT
Das Projekt, entstanden im Rahmen des Odeuropa Projektes zwischen Oktober 2022 und Januar 2023, erforschte die Rolle von Gerüchen im kulturellen Erbe des deutschen Steinkohlenbergbaus. Mithilfe qualitativer Interviews und neuer Methoden, wie etwa einem "Smell Walk", wurden die Geruchswahrnehmungen ehemaliger Bergleute während der Arbeit erhoben. Die Ergebnisse zeigen, dass Bergbau-Gerüche nicht nur starke emotionale Erinnerungen hervorrufen, sondern auch eng mit der kulturellen Identität der Gemeinschaften verbunden sind. Trotz ihrer Bedeutung wurden Gerüche in Museumsausstellungen oft vernachlässigt. Die Studie betont daher die Wichtigkeit, Gerüche als bedeutenden Teil des kulturellen Erbes anzuerkennen und ihre Einbindung in Museen zu fördern.
Julia Heintz